Das war das Videospieljahr 2018

Von Blockbuster bis Indie: Das Videospieljahr 2018 bot erneut eine Fülle von grandiosen Games, aber auch einige Nieten. Ein persönlicher Rückblick. Von Clemens Istel

Genau ein Jahr ist vergangen, seit ich im Winter 2017 auf den vergangenen Releasekalender blickte und mich fragte: “Wie kann ein Jahr für Gamer noch besser werden?” Wir spulen zwölf Monate vor und ich kann mich beim besten Willen nicht entscheiden, ob 2017 oder 2018 das wundervollere Schlaraffenland für Videospielfreunde war.

Dabei barg das Videosspieljahr 2018 einige Enttäuschungen gerade bei jenen Spielen, auf die wir uns am meisten gefreut hatten. Kingdom Come: Deliverance versank in der Kontroverse um seinen Studiochef. Detroit: Become Human machte klar, dass David Cage doch besser Filme machen sollte. Zudem kämpfte sein Studio mit Vorwürfen toxischer Arbeitsumgebung. Days Gone und Kingdom Hearts 3 erschienen gar nicht erst.

2017 hat uns in seinem ersten Quartal bereits Kracher wie Resident Evil 7, Horizon Zero Dawn und NieR: Automata geschenkt. Wer sich noch erinnert, weiß, dass das noch längst nicht alles war. 2018 hatte also keine leichte Aufgabe, wenn es das Vorjahr übertrumpfen wollte.

Das dynamische Ökosystem in Monster Hunter World

„You’re in my spot!“, würde Sheldon sagen.

Coming out all guns blazing

Die Skepsis stieg weiter, als im Jänner das lang erwartete The Inpatient erschien, das die Kritiker aber nicht vollends begeistern konnte. Das vielgepriesene Celeste, das am Ende des Jahres nun auch den einen oder anderen Preis gewann, ließ uns den langsamen Start ins Videospieljahr 2018 wenige Tage später schnell vergessen. Mit einem buchstäblichen Monster nahm der Zug dann aber erst so richtig Fahrt auf.

Genauer gesagt mit vielen Monstern. So vielen, dass ich hunderte Stunden damit verbrachte, sie alle zu jagen. Monster Hunter World rockt seit Ende Jänner die heimischen Konsolen. Mit einem deutlich einsteigerfreundlicheren Ansatz verzeichnete die ansonsten vorwiegend in Japan beliebte Serie erstmal große Erfolge beim westlichen Publikum.


Capcom zeigt mit einer Vielzahl von gratis Content-Updates, die auch noch über das kommende Jahr andauern werden, wie Games-as-a-Service funktionieren kann, ohne seinen Kunden das letzte Hemd zu nehmen. Seit August dürfen nun auch endlich PC-Spieler auf die Pirsch gehen. Trauriger Nebenaspekt: Crossplay ist nach wie vor noch kein Standard. Dabei wird gerade Monster Hunter World mit Freunden erst so richtig unterhaltsam.

Für alle Freunde der gepflegten Monsterjagd kam es dann gelegen, dass der Februar “nur” ein paar kleinere Highlights bereit hielt. Während Geheimtipps wie Into the Breach bei dem einen oder anderen Redakteur noch auf dem Pile of Shame liegen (Ja, Schande!), hat uns Fe vor allem durch sein Sounddesign verzaubert.

Fe bezaubert gleichermaßen durch Optik wie Vertonung

They keep on coming

Als würden diese tollen Spiele das Jahr nur weiter darin bestärken, 2017 zu übertrumpfen, erschienen im März schon die nächsten heiß erwarteten Titel. Während die Far Cry-Formel aber langsam ihren Reiz zu verlieren scheint (Das Spiel generierte eher durch politische Diskussion, PETA und fragwürdige Heilmittel als durch Spielspaß Schlagzeilen.), war das reine Koop-Abenteuer A Way Out ein gelungenes Experiment. Nicht zuletzt, weil nur ein Spieler das Game besitzen muss und der zweite gratis einsteigen darf.

 

Der nächste wirkliche Gigant im Videospieljahr 2018 folgte im April. Nicht Frostpunk, obwohl auch das eine Erwähnung verdient. Die Rede ist natürlich vom frisch gebackenen Game of the Year (laut The Game Awards), God of War. Kratos und sein Sohn Atreus überzeugten auf nahezu allen Ebenen und boten alles, was das Blockbuster-Herz begehrt. Umso mehr schmerzt das Geständnis, dass es dieses Kunstwerk noch nicht in meine Sammlung geschafft hat.

Im Frühsommer durften wir dann als Blutsauger das düstere London in Vampyr unsicher machen. Stimmungsvoll, aber das Open World-Konzept hätte noch etwas Feinschliff gebraucht. Die grundlegende Wahl, ob wir lieber als Bösewicht leicht durchs Spiel kommen wollen oder als gute Seele den harten Weg gehen, bleibt aber reizvoll.

Die folgende Sommerpause im Releasekalender war nur von kurzer Dauer. Ein kleines feines Roguelike Metroidvania mit dem Namen Dead Cells hat mich im August voll und ganz in seinen Bann gezogen. So sehr, dass die Redaktion seit diesem Sommer um eine Nintendo Switch reicher ist. Nach Monster Hunter World und seiner kräftezehrenden Trophäenliste wagte ich mich erneut ans vorprogrammierte Scheitern. Und das macht wider Erwarten unfassbar viel Spaß.

Der erste Boss ist eine erfrischende und furchteinflößende Überraschung. © Motion Twin

Der erste Boss ist eine erfrischende und furchteinflößende Überraschung. © Motion Twin

Dead Cells punktet mit seinem simplen Spielprinzip, genau dem richtigen Mix aus Frust und Fortschritt und einem Hauch Humor. Wer ein Spiel sucht, das sowohl zwischendurch als auch in langen Sessions unterhält, ist definitiv richtig.

Release Herbst of Doom

Viel Zeit zum Genießen blieben abermals nicht. Während die Kollegen bereits in der ersten Septemberwoche als Spider-Man durch virtuelle Häuserschluchten schwangen, war ich neugierig, wie Lara Crofts Abenteuer in Shadow of the Tomb Raider weitergehen würde. Bekommt sie nun endlich Charakter oder wird wenigstens erklärt, warum sie sich wie eine irre Psychopathin benimmt?

Jain und Jain. Optisch war Shadow of the Tomb Raider natürlich ein Genuss. Aus irgendeinem Grund scheint aber nach wie vor niemand daran interessiert zu sein, Lara als einen nachvollziehbaren Charakter zu schreiben, als einen sympathischen ganz zu schweigen. Zumindest die Rätselpassagen waren jedoch äußerst gelungen.

Assassin's Creed Odyssey ist wunderschön

Assassin’s Creed Odyssey ist wunderschön

Zurück im jährlichen Releasezyklus verschleppte uns Assassin’s Creed Odyssey direkt aus dem peruanischen Dschungel ins antike Griechenland. Und was machen so große Namen am besten? Richtig, sie sind groß. Zu groß. Alles im neuesten Assassin’s Creed ist höher, breiter, weiter, mehr und sowieso mega. Das öffnet uns Spielern zwar einen wunderschönen, aber stellenweise überwältigenden Spielplatz.

Nicht zuletzt deswegen stellten wir uns auch die Frage, was derart gigantische Produktionen für die verschiedenen Beteiligten bedeuten.

Das (Zweit-)Beste kommt zum Schluss

Die letzte dieser Fragen rührt von jenem Titel her, der für viele nicht nur unangefochten an der Spitze der Jahrescharts stehen sollte, sondern auch als das beste Spiel dieser (Konsolen-)Generation oder gar aller Zeiten gehandelt wird. Lange bevor Red Dead Redemption 2 im Oktober erschien, überhäuften Medien Rockstar Games bereits mit Lobpreisungen.

Tatsächlich setzt das Westernepos in vielen Aspekten neue Maßstäbe, bleibt trotz optischer Brillanz, gänsehautverdächtigem Soundtrack und mitreißender Story aber an manchen Stellen auch einiges schuldig. Zählt es trotzdem zu meinen Highlights für dieses Jahr? Ganz ohne Zweifel. Zu meinem persönlichen Game of the Year reicht es aber dennoch nicht.

Grafisch fährt Red Dead Redemption 2 mächtige Geschütze auf

Grafisch fährt Red Dead Redemption 2 mächtige Geschütze auf

Auch wenn ich mühelos etliche Stunden in Red Dead Redemption 2 verbringen kann, hatte ich mit Monster Hunter World noch mehr Spaß. Das mir bis dato unvertraute Spielprinzip hat mich trotz Grindfaktor sofort eingesaugt und über mehrere Monate nicht mehr losgelassen.

Und nun entschuldigt mich. Auf meinem Pile of Shame liegen alleine vom Videospieljahr 2018 noch The Messenger, Return of the Obra Dinn, Super Smash Bros. Ultimate, Octopath Traveler, Mutant Year Zero, Below, Beholder 2, Thronebreaker, Pokemon Let’s Go, und und und….


Bilder © Motion Twin, Ubisoft, Capcom, Take Two, EA

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Autor/Autorin

Clemens Istel

Schon als Kind hatte Clemens lieber den MegaDrive Controller als das Fläschchen in der Hand. Rund ein Vierteljahrhundert macht er bereits virtuelle Welten unsicher. Ob RPG oder FPS, kaum ein Genre ist vor ihm sicher. Selbst im ESport hat der "Head of Head off" von Screaming Pixel seine Erfahrungen gesammelt. Grundsätzlich gilt für ihn: Je openworlder, desto zock!

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