Profit statt Spielspass: So dreist sind Scalper

Limitierte physische Sammlerstücke werden immer begehrter. Das nutzen sogenannte Scalper schamlos aus, um Profit zu schlagen.

Der Handel ist größtenteils frei, bis auf so lästige Kleinigkeiten wie Einfuhrzölle in manchen Ländern. Kaufen und Wiederverkaufen ist also nicht per se etwas Verabscheuungswürdiges. Doch unter all den “normalen” Händlern gibt es eine Gattung, die zum Leidwesen anderer auf ganz besonders niederträchtige Art und Weise Gewinn machen will.

Die Rede ist von sogenannten Scalpern. Sie kaufen direkt zu Release ein oder mehrere Exemplare von nur begrenzt verfügbaren Titeln. Ihr einziges Ziel: Es an jene verzweifelte Kunden weiter zu verkaufen, die nicht schnell genug waren. Und das mit einem kräftigen Aufschlag.

Dabei ist ihnen der Erfolg zumeist gewiss. Irgendjemand hat immer ein starkes Verlangen, dem offensichtlich raffgierigen Angebot dennoch nachzugeben. Aufmerksame Ebay-Nutzer konnten das erst vor kurzem bei der PS4-Version von A Way Out beobachten.

Das Spiel wurde als One-Shot produziert – eine einzige Auflage physischer Ausgaben. Die waren binnen kürzester Zeit ausverkauft und anschließend zum drei- bis vierfachen Preis in den Kleinanzeigen auf digitalen Marktplätzen zu finden.

Besonders limitiert

Noch schlimmer verhält es sich bei extrem kleinen Auflagen. Anbieter wie Special Reserve Games oder Limited Run Games vertreiben meist nur wenige tausend Sonderanfertigungen. Firewatch bekam beispielsweise eine verhältnismäßig hohe Auflage von 7300 Stück weltweit von denen aber nur 4800 über Limited Run Games vertrieben wurden. Manche Spiele sind in wenigen Momenten vergriffen.

Website down bevor Scalper zuschlagen konnten

Eine DDoS-Attacke kam den Scalpern zuvor

Wie schnell und skrupellos Scalper vorgehen, beweist die gestrige Veröffentlichung von Ruiner. Die Auflage beträgt lediglich 3000 Stück. Just als das Spiel zum Verkauf freigegeben werden sollte, traf eine gezielte Attacke die Website von Special Reserve Games und zwang die Betreiber, offline zu gehen. Das muss freilich nicht das Werk von Scalpern gewesen sein, aber…

Obwohl die Seite über längere Zeit nicht erreichbar blieb, tauchte auf Ebay bereits die erste Auktion zur physischen Ausgabe von Ruiner auf. Inklusive internationalem Versand würde das Spiel ursprünglich $41,99 kosten. Bei Sofortkauf (72,68€) und Priority Shipping (~ 22€) nach Österreich knöpft einem das Ebay-Angebot also eine ganze Menge mehr ab. So manche Ungeduldigen könnten mit genau solchen Anzeigen liebäugeln.

Die Profitgier lässt sich auch von gecrashten Websites nicht bremsen

Auffällig dabei sind die vielen positiven Reviews des Anbieters. Zudem listet er über 1300 Artikel zum Verkauf. Ruiner ist angeblich gleich zweimal zu haben. Anbieter wie Special Reserve Games limitieren ihr Angebot jedoch in der Regel auf ein Exemplar pro Käufer. Wer das umgehen möchte, dem werden sämtliche Bestellungen storniert.

Nach der Attacke auf die Website des Anbieters ist nicht klar, ob überhaupt schon Käufe durchgeführt werden konnten. Wir selbst haben unser Glück zwar probiert, konnten Ruiner aber vor dem Crash nicht in den Warenkorb packen. Es bleibt fraglich, ob der Anbieter auf Ebay tatsächlich Exemplare bestellt hat. Ob dahinter also ein Troll oder Betrug steckt, bleibt ebenfalls Spekulation.

Kein Einzelfall

Solche Aktionen sind nicht selten, wie die einzelne Anzeige für Ruiner naiv vermuten lässt. Am Beispiel Guns, Gore & CANNOLI zeigt sich die Arbeitsweise von Scalpern aktuell deutlich. Die PS4-Ausgabe des Spiels war auf 1500 Stück weltweit limitiert. Über Strictly Limited Games konnten besonders schnelle Sammler ausnahmsweise zwei Stück pro Käufer für €24,99 ergattern.

Aktuell finden sich immer noch rund 20 Anzeigen auf Ebay. Die Preise inklusive Versand starten bei rund €80. Bei den Anbietern handelt es sich nicht um eifrige Spieler, die ihr Game nach dem Durchspielen wieder auf den Markt werfen. Die Angebote bewerben explizit die unberührte Folierung.

Auch große Triple-AAA-Titel bleiben nicht verschont. In manchen Läden ist es Usus, dass Vorbestellerkunden ihr Exemplar ohne Rechnung schon wenige Tage vor Release bekommen. God of War wurde im Raum Berlin drei Tage vor Veröffentlichung um 80€ – 100€ auf Kleinanzeigenportalen und Marketplaces gehandelt.

Traurig für echte Gamer

Nicht jedes der exklusiv und in limitierter Auflage vertriebenen Spiele, ist auch ein grandioser Titel. Aber sie alle haben ihre Fans und einen Platz im Herzen der Sammler. Auch Ruiner war zum ursprünglichen digitalen Release nicht frei von Kritik, wurde aber von vielen Gamern bereits heiß erwartet. So wunderten sich viele Twitter-User unter den Posts von Special Reserve Games über die sehr geringe Auflage.

Dank der Scalper wird es also noch weniger Gamern Freude bereiten. Außer sie greifen tief in die Tasche. #!*x?^‘ Scalper.


Titelbild © pxhere.com

Autor/Autorin

Clemens Istel

Schon als Kind hatte Clemens lieber den MegaDrive Controller als das Fläschchen in der Hand. Rund ein Vierteljahrhundert macht er bereits virtuelle Welten unsicher. Ob RPG oder FPS, kaum ein Genre ist vor ihm sicher. Selbst im ESport hat der "Head of Head off" von Screaming Pixel seine Erfahrungen gesammelt. Grundsätzlich gilt für ihn: Je openworlder, desto zock!

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