Max Payne – wenn das Leveldesign mitfühlt

Der Actionklassiker Max Payne zog unzählige Spieler bereits zu Beginn des Jahrtausends in seinen Bann. Doch wie fesselte uns Remedy lange vor 4K-Auflösung und endlosem Detailreichtum an den Bildschirm?

Erste Assoziation mit Max Payne dürfte bei nahezu allen Gamern die Bullettime-Mechanik sein. Was war in den frühen 2000ern cooler, als in Slowmotion Bösewichter ins virtuelle Jenseits zu ballern? Zum Beispiel wie das Leveldesign das gesamte Spielerlebnis beeinflusst.

Max Paynes Markenzeichen, aber lange nicht alles, was Teil 1 ausmacht.

Ganz unterbewusst spiegelt das New York in Max Payne den Gemütszustand des Protagonisten wieder. Aber beginnen wir am Anfang: Polizeisirenen hallen über den Hudson River. Sämtliche Einsatzkräfte der Stadt sind an diesem kalten Winterabend auf dem Weg zum Aesir Plaza. Ein Hubschrauber tastet die Skyline der Stadt mit seinem Suchscheinwerfer ab.

Max Paynes Stimme beginnt die Erzählung:

 

Er steht am Dach des Wolkenkratzers und lässt nach dem finalen Schuss langsam den Finger vom Abzug seines Sturmgewehrs gleiten. “It was over!” Doch Erleichterung ist in seiner Stimme nicht zu erkennen. Zu schwer sind die Vorwürfe sich selbst gegenüber. Die Erinnerung an diesen einen Tag vergeht nie mehr.

Max war einst ein angesehener New Yorker Polizist. Familie war ihm wichtiger als Karriere. Ein perfektes Leben mit Haus und Garten. Bis zu jenem verhängnisvollen Tag, drei Jahre vor der Introsequenz des Spiels, an dem Drogensüchtige seine Frau und sein Kind töteten. Genau an dieser Stelle bekommt der Spieler die Zügel zu Max’ Geschichte in die Hand. Sekunden zu spät! Wir können ihren Tod nicht verhindern.

In ganz New York findet sich das Symbol der neuen Droge – selbst in Max Paynes Vorzimmer.

Soweit also zur Ausgangssituation. “In a New York minute”, wie Max es so treffend beschreibt, wird dem Protagonisten alles genommen, wofür er bis dato gelebt hat. Er macht sich Vorwürfe, ist aber fest entschlossen, der neuen Designerdroge, unter deren Einfluss die Mörder standen, den Garaus zu machen. Die berühmten Traumsequenzen unterstreichen seine Verzweiflung.

Doch auch im “realen” New York scheint die Welt Max Paynes Stimmung aufzusaugen. Grafisch ist das Spiel in seiner Epoche durchaus hübsch anzusehen. Aber selbst nach heutigen Möglichkeiten funktioniert der Look immer noch ausgezeichnet. Zwar sind hochauflösende Grafiken und detaillierte Texturen heute beinahe Grundvoraussetzung für gute Rankings, doch genau das Fehlen dieser spielt der Darstellung in Max Payne in die Karten.

Die Straßen menschenleer, die Gebäude gesichtslose Beobachter

Die Fassaden der Gebäude wirken flach. Straßen und Häuser scheinen menschenleer. Balkonblumen oder sonstige Lebenszeichen sucht man als Spieler vergeblich. Streunende Tiere wie Ratten oder Katzen scheinen ebenfalls ausgestorben. Max ist alleine. Nichts ist ihm geblieben, außer dem unbändigen Rachedurst. Dem Drang, diejenigen zur Strecke zu bringen, die sein Leben zerstört haben.

Die eigentlichen Mörder haben wir bereits direkt nach der schrecklichen Tat ins Jenseits geschickt. Doch dahinter steckt mehr. Eine neue Designerdroge, genannt Valkyr, überflutet die Stadt. Und irgendwer muss für ihre Verteilung verantwortlich sein. Aber wer? Und warum haben die Junkies ausgerechnet Max’ Familie ermordert? Wäre er doch nur fünf Minuten früher zuhause gewesen.

Beinahe zynisch: Die Welt um Max bröckelt, während sein Weg voller Hindernisse bleibt.

Symbolisch dafür ist auch die Jahreszeit, in der Max Payne spielt: Winter. Wie aus Max’ Leben, ist jegliche Wärme aus der Stadt gewichen. Der teils heftige Schneefall verschleiert die Sicht. Eine weitere Analogie zur verzweifelten Situation des Drogenfahnders. Der Ausweg scheint obskur und unerreichbar. Nichts kann ihm helfen und doch kämpft er weiter. Spätestens als Max’ Undercover Partner ermordet wird, verschmelzen Spieler und Protagonist. Wir wollen Klarheit!

Doch auch nach allem, was Max Payne im Laufe des Spiels erfährt, bleibt die traurige Gewissheit, dass er sein Leben nicht zurückbekommt. In seinem finalen “They were all dead” sind Frau und Kind mit inbegriffen. New York bleibt düster. Max bleibt allein. Und wir Spieler? Wir wollten sofort einen zweiten Teil.


Bildmaterial: © Rockstar Games

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Autor/Autorin

Clemens Istel

Schon als Kind hatte Clemens lieber den MegaDrive Controller als das Fläschchen in der Hand. Rund ein Vierteljahrhundert macht er bereits virtuelle Welten unsicher. Ob RPG oder FPS, kaum ein Genre ist vor ihm sicher. Selbst im ESport hat der "Head of Head off" von Screaming Pixel seine Erfahrungen gesammelt. Grundsätzlich gilt für ihn: Je openworlder, desto zock!