Fallout 76: Das Fazit nach der B.E.T.A.

Dreimal durften wir in den letzten Tagen Fallout 76 anspielen. Fallout-Fans werden nicht begeistert sein. Das heißt aber nicht, dass es ein schlechtes Spiel ist. Von Florian Born.

Am Wochenende wurde die B.E.T.A. (Break-It Early Test Application) von Fallout 76 für PS4 und PC geöffnet und in drei Zeitslots konnten wir endlich auch von diesen Plattformen aus einen Blick nach West Virginia werfen. Die Xbox One war ja schon früher dran. Ich habe ungefähr fünf Stunden darin verbracht.

Ich kann allerdings keine Meinung zum endgültigen Spiel abgeben. Einerseits hab ich dazu definitiv noch zu wenig Zeit damit verbracht. Andererseits handelt es sich bei der B.ET.A. nicht um die endgültige Version des Spiels. Wie Bethesda zugesichert hat, werden noch ein paar Aspekte verändert, sowie Fehler behoben. Das grundsätzliche Gameplay dürfte aber in dieser Form weiterbestehen.

Gesucht: Geschichte

Also gut: Was habe ich denn nun in West Virginia erlebt? In Sachen Hauptstory nicht viel. Das liegt aber nicht nur an den wenigen Stunden, die ich im Spiel verbracht habe, sondern vor allem auch daran, dass ich die Geschichte des Spiels nicht gefunden habe. Es gibt zwar so etwas wie Main Quests, von einem Plot möchte ich hier aber nicht schreiben. Der ist durch den Mangel an menschlichen NPCs nicht zu bewerkstelligen.

Auch die karg gestreuten Holotapes und Notizen helfen nicht wirklich. Dafür gibt es erstens zu wenig davon und zweitens konnte ich mich während dem Spielen nicht darauf konzentrieren. Man will ja schließlich nicht in einem Online-Spiel in Menüs und Textfenstern festhängen.

Lagerfeuer kommen hier ohne die dazugehörigen Geschichten aus.

Dieser Mangel an Inhalten ist in meinen Augen das größte Problem in der B.E.T.A. von Fallout 76. Denn er zieht sich wie der rote Faden durch das Spiel, den man sonst nicht findet. Auch Nebenquests finden wir im Spiel schwer und wenn man zufällig eine findet, fällt sie schnell in eines der beiden Schemata “Hol X” oder “Töte Y”. Ein Narrativ habe ich vergebens gesucht.


Gesucht: Inhalte

Auch die Welt an sich ist vor diesem Problem nicht gefeit. Sie mag zwar größer sein als jene aus Fallout 4, allerdings bedeutet das nicht, dass sie vollgestopft mit Inhalten ist. Zu großen Teilen ist sie einfach leer. Der Sinn und Zweck davon ist natürlich klar: Bethesda möchte den Usern genug Raum geben, um in den leeren Flecken ihre eigenen Siedlungen zu errichten. Man muss ja auch ein Stück von der nächsten entfernt sein, damit das im Spiel überhaupt funktioniert. Aktuell stapfen wir deswegen aber minutenlang durch die Einöde. Nicht einmal Feinde begegnen uns in diesen Abschnitten.

So groß. So leer.

Die rotten sich alle in den Bereichen zusammen, in denen die Quests stattfinden und die als Ort auf unserer recht unübersichtlichen Karte verzeichnet sind. Und gerade in diesen Bereichen passiert dann auch alles. Und wenn ich alles schreibe, meine ich wirklich alles. Während nämlich große Teile der Welt leer sind, wirken diese schon fast überfüllt. Keine zwanzig Schritte schafft man gefühlt von Kampf zu Kampf und als logische Konsequenz haben sich dort auch die meisten Spieler versammelt.

Hier zeigt das Spiel, was es eigentlich sein will: Ein Multiplayer-Titel. Gemeinsam gegen Horden von Ghoulen, Scorchern und diversem mutierten Vierbeinern anzutreten, ist nicht nur leichter als der Alleingang, sondern auch wesentlich unterhaltsamer. Auch das ist bisher aber nicht frei von Fehlern.

Gesucht: Gegnerschaden

Unter anderem ist das V.A.T.S., das automatische Zielsystem, das wir seit Fallout 3 kennen, in einem Online-Titel beinahe nutzlos, weil die Welt aus logischen Gründen nicht verlangsamt werden kann. Die Trefferchance springt also beinahe willkürlich auf und ab.

Die Kämpfe zicken an vielen Stellen herum…

Während dem Spielen litt ich an diversen Stellen unter Lag. Außerdem reagiert das Spiel in vielen Situationen zu langsam. Insbesondere im Kampf mit Gegnern. Das heißt, dass ich mehr als einmal einem anstürmenden Ghoul oder Mongrel ins Gesicht geschossen habe und trotzdem noch von seinem Nahkampfangriff getroffen wurde.

Der Schaden war zwar nicht gewaltig, aber wenn man nach solchen Aktionen öfter zu einem Stimpak greifen muss, baut sich irgendwann Frustration auf. Vor allem, weil diese recht selten sind.

Gesucht: Mitspieler

Das liegt wieder an Bethesdas Entscheidung gegen menschliche NPCs. Es gibt nämlich auch keine NPC-Händler im Spiel. Zumindest habe ich bisher keine gefunden. Der Handel muss zwischen echten Menschen stattfinden. Das Resultat daraus: Man kommt teils nicht an Ausrüstung, Heilmittel oder Munition. Zumindest, wenn man sie nicht selbst bastelt oder einem Feind abknöpft.

Munition gibt es nur von Feinden. Oder vom Craften.

Für die B.E.T.A. galt das noch mehr, denn bisher wussten die meisten Leute noch nicht so wirklich, wie sie sich in dieser recht leeren Welt zu verhalten hatten. Mich eingeschlossen. Ich wollte die Welt erkunden, musste dann aber schnell feststellen, dass das alleine nicht besonders lange unterhält. Dafür müsste zumindest irgendetwas passieren.

Harsche Kritik bisher, ich weiß. Aber man muss Fallout 76 auch so manches positiv anrechnen. Die Events, die immer wieder in der Welt auftauchen, sind zum Beispiel gelungen. Sehr gelungen sogar. Vor allem mit anderen Spielern. Gemeinsam Horden um Horden von Feinden ins Jenseits zu schicken hat etwas äußerst Befriedigendes. Und das gute Loot am Ende natürlich auch. Im Alleingang fühlt man sich aber schnell überrannt.

Auch das Crafting ist altbekannt und wieder gut durchdacht. Es nimmt diesmal auch noch eine größere Rolle im Spiel ein. Wer neue Waffen, Rüstungen oder Munition will, muss sie sich selbst machen. Im Laufe eines längeren Spiels, kann ich mir vorstellen, dass es ziemlich fordernd und lohnend wird, selbst für seine neue Ausrüstung zu sorgen. Vor allem, wenn man dabei zusammenarbeiten kann.

Gesucht: Kooperation

In diesem Wort liegt auch der Mongrel begraben: “Zusammenarbeiten.” Das wird in Fallout 76 essentiell. Es ist schließlich auch ein Multiplayer-Survival-Spiel. Für Fallout-Fans bedeutet das aber, dass sie sich entweder darauf einstellen oder die Finger vom Spiel lassen müssen.

Wer sich lange Queststränge, emotionale Entscheidungen und eine Vielzahl an mehr oder weniger schrägen Charakteren erhofft, ist hier definitiv an der falschen Stelle. Die typischen Bethesda-Fans könnten hier also aus genau diesem Grund enttäuscht werden. Die sind aber – so zumindest meine persönliche, nicht verifizierbare Vermutung – auch nicht die Kernzielgruppe des Publishers.

Gemeinsam in den Sonnenuntergang. So könnte Fallout 76 wohl in Zukunft werden.

Wer es sich vorstellen kann, zusammen mit anderen durch das postapokalyptische West Virginia zu streifen, seine eigenen Geschichten zu schreiben und dem Ödland den Stempel aufzudrücken, wird hier bestimmt über viele Stunden unterhalten werden. Das werde ich nach dem Release – dann mit Unterstützung – auch noch einmal versuchen.

Bis dahin wird es noch zwei B.E.T.A.-Phasen geben. Am 6. November 2018 von 19:00 bis 21:00 Uhr und am 8. November 20:00 bis 2:00 Uhr.


[Anm.: Wir haben den Code für die B.E.T.A. kostenlos von Bethesda zur Verfügung gestellt bekommen. Das hat sich nicht auf unsere Bewertung des Spiels ausgewirkt. Wir sagen es euch im Sinne der redaktionellen Transparenz aber trotzdem.]

Bebilderung © Bethesda

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Autor/Autorin

Clemens Istel

Schon als Kind hatte Clemens lieber den MegaDrive Controller als das Fläschchen in der Hand. Rund ein Vierteljahrhundert macht er bereits virtuelle Welten unsicher. Ob RPG oder FPS, kaum ein Genre ist vor ihm sicher. Selbst im ESport hat der "Head of Head off" von Screaming Pixel seine Erfahrungen gesammelt. Grundsätzlich gilt für ihn: Je openworlder, desto zock!

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