Die Zukunft von Star Wars

EA hat gezeigt, dass sie mit Star Wars nichts anfangen können. Nichts Gutes zumindest. Aber an wen könnte Disney die Lizenz stattdessen vergeben? Ein Überblick. Von Florian Born

Wir müssen EA die Star Wars-Lizenz wegnehmen. Also nicht wir, aber Lucasfilm und Disney. Wir haben dazu leider recht wenig zu sagen. Warum das passieren sollte, sollte allen klar sein, die in den letzten Jahren ein Blick auf die vielen Star Wars-Spiele hatten, die es in die Regale der Spielehandlungen geschafft haben. Lasst uns kurz gemeinsam diese Liste durchgehen.

  • Star Wars Battlefront
  • Star Wars Battlefront 2
  • Das Mobile-Game Star Wars: Galaxy of Heroes

Oh. Die Liste ist ja schon zu Ende. Denn mehr Spiele hat Electronic Art in den mittlerweile über fünf Jahren nicht auf die Reihe gebracht. Nur zum Vergleich: In der Zeit, als LucasArts selbst noch die Rechte für Star Wars innehatte erschienen im gleichen Zeitraum achtzehn Spiele. In Zahlen: 18. Hier eine Grafik, die in den letzten Tagen die Runde machte und das auch nochmal bildlich veranschaulicht:

© Leon501st on Reddit

Das wäre zu entschuldigen, wenn die Spiele unter EA Meisterwerke ihres Genres gewesen wären. Wenn sie Meilensteine gesetzt hätten und für immer verändert hätten, wie Spiele funktionieren. Es wäre sogar entschuldbar gewesen, wären die neuen Battlefront-Spiele gut gewesen. Aber sie – mit Ausnahme der kurzen X-Wing VR-Mission – waren weder das Eine noch das Andere. Sie waren halbfertige, von Lootboxen und DLCs überschwemmte Durchschnitts-Online-Shooter, die zufällig eine Star Wars-Lizenz hatten.

Absagen en masse

Abseits davon bekamen wir vonseiten EAs zwar große Ankündigungen, aber sonst nichts weiter als Absagen. Das “Star Wars-Uncharted” unter Visceral wurde 2017 komplett ummodelliert und zu einem Open-World-Life-Service-Spiel. Visceral hat EA in dem Prozess gleich geschlossen und jetzt hat EA das Projekt – seit damals unter EA Vancouver – endgültig eingestellt. Zugunsten eines kleineren Spiels, das sich schneller entwickeln lässt.

Zwar soll dieses Jahr Jedi Fallen Order erscheinen, wirkliche Hoffnungen wollen wir uns darauf aber nicht mehr machen. 2019 ist noch lang.

Wir sind uns vermutlich einig: EA ist nicht gut mit der Lizenz umgegangen. Oder um es mit den Worten von Rogue One-Drehbuchautor Gary Whitta zu sagen, der einen Blick auf das Star Wars-Uncharted von Visceral werfen durfte:

Wäre ich ein Shareholder von EA, ich wäre f***cking stinksauer. Es wurde katastrophal missgewirtschaftet.

Es bleibt aber eine Frage: Wenn Disney und Lucasfilm EA die Star Wars-Lizenz wegnehmen würden, wem sollten sie sie geben?

Die Frage der Nachfolge

Gehen wir nacheinander die möglichen und unmöglichen Kandidaten durch. Vielleicht finden wir ja einen Publisher, der die Lizenz für das Kult-Franchise eher verdient hätte. Starten wir mit den Firmen, bei denen wir Star Wars sicher nicht sehen wollen.

Das wären Activision-Blizzard und Take-Two Interactive. Beide Riesen-Publisher hätten zwar sicher die Kapazitäten, um Star Wars handzuhaben, aber beide haben in den letzten Jahren auch bewiesen, dass ihnen Geld wichtiger ist, als die Gesundheit der Entwickelnden oder die Zufriedenheit ihrer Kundschaft. Auch spülen beide die größten Teile ihres Umsatzes durch Micro-Transactions und Lootboxen in ihre Kassen. Eine besseres Beispiel für das Sprichwort “Vom Regen in die Traufe” ist uns schon lange nicht mehr untergekommen.

Unwahrscheinlicher vonseiten Disneys wäre ein Schritt in Richtung Sony, Microsoft und Nintendo. Alle drei Publisher machen zwar gute Spiele und haben fähige Studios unter ihren Fittichen, aber alle drei produzieren auch ausschließlich Exklusiv-Titel für ihre jeweilige Plattform.

Weitere Möglichkeiten

Warner Bros. Interactive können wir gleich kategorisch ausschließen. Warner und Disney sind schließlich direkte Konkurrenten. Nach dem Debakel rund um Schatten des Krieges sind wir uns auch nicht sicher, ob wir dem Publisher Star Wars auch noch geben wollen.

Ubisoft, Bethesda und Konami haben ihre Hände aktuell mit ihren eigenen Franchises voll. Ganz abschreiben können wir sie allerdings nicht, denn alle drei haben auch schon für bekannte Reihen aus Film und Fernsehen produziert. Bethesda auch zusammen mit Disney für Fluch der Karibik. Ubisoft war sogar an Star Wars-Spielen beteiligt.

Wer aufmerksam mitgelesen hat, dem ist aufgefallen, dass hier noch ein paar große Namen fehlen. Bandai Namco, THQ Nordic, Focus Home Interactive, Tencent und so weiter. Wir könnten natürlich auch für sie Pros und Contras auflisten, aber wir wollen euch nicht langweilen. Außerdem gibt es andere, wesentlich wahrscheinlichere Möglichkeiten für die Nachfolge:

Marvel, Disney, bald auch Star Wars?

Square Enix wäre in der besten Position, um Star Wars aus dem Griff von EA zu zerren. Der Publisher hat sowohl die Ressourcen, um das Franchise zu stemmen, als auch die nötigen Verbindungen zum House of Mouse. Und zwar schon eine Weile.

Seit dem Frühjahr 2000 arbeiten Square Enix und Disney Interactive an einer kleinen Reihe namens Kingdom Hearts zusammen. Kennt ihr vielleicht. Außerdem sitzt eine Einheit der Square Enix-Tocher Crystal Dynamics aktuell an mehreren Spielen zum Marvel-Universum. Star Wars wäre da nur der nächste logische Schritt.

Eine andere logische Möglichkeit wäre Capcom. Der Publisher hat ebenfalls schon in zwei Instanzen mit Disney zusammengearbeitet. Einerseits für die Prügelspiel-Reihe Marvel vs. Capcom. Andererseits für die Disney Afternoon Collection. Capcom schrieb mit dem aktuellen Wahn für Mikrotransaktionen und Ingame-Werbung zwar keine gute Presse, die beiden Publisher wären aber dennoch die logischsten Lizenzträger. Auf der einen Seite.

Geteilte Nachfolge?

Auf der anderen Seite ist eine Einzelnachfolge für Disney wahrscheinlich nicht die beste Option. Wir erkennen die Nachteile davon, wenn wir EAs Umgang mit dem Franchise betrachten. Nichts und niemand kann uns versichern, dass Capcom, Square Enix oder irgendein anderer Publisher besser mit dem Franchise umgehen würde. Und niemand kann es Disney garantieren.

Der strategisch beste Schachzug für das House of Mouse wäre etwas, das Games Workshop in den letzten Jahren mit Warhammer perfektioniert hat: Micro Licensing (wir haben berichtet).

Mit dieser Strategie könnte Disney kleine Häppchen von Star Wars an viele verschiedene Publisher und Studios verteilen. Das hätte den Vorteil, dass mehrere Studios gleichzeitig an Spielen zu Star Wars arbeiten würden. Es gäbe also auch mehr Spiele zu Star Wars und gleichzeitig würde das Gesamt-Franchise nicht so stark darunter leiden, wenn mal ein Spiel versagt. Es wäre schließlich nur eines von vielen.

Das könnte zum Beispiel so aussehen, dass Disney sagen würde: Bioware behält die Rechte an “The Old Republic”, wir lassen jemanden an einem Schmuggler-Abenteuer zur Zeit der Prequels arbeiten, jemand anders baut für uns einen Flugsimulator während der klassischen Trilogie und noch ein weiteres Studio setzen wir an ein Strategiespiel nach der Rebellion. Alle bekommen Rechte für kleine Häppchen, müssen sich aber mit dem Kanon-Team von Lucasfilm zusammenschließen, damit auch wirklich alles Sinn ergibt.

Ein letztes Problem

In einer perfekten Welt, wäre das auch die perfekte Lösung. Mehr Umsatz für Disney, viele Studios könnten an Star Wars werkeln und wir könnten dutzende Spiele aus der weit, weit entfernten Galaxie spielen. Aber leider leben wir in keiner perfekten Welt und Disney kann EA die Rechte an Star Wars vielleicht gar nicht wegnehmen.

Die Details zum Lizenzvertrag der beiden Parteien sind nicht bekannt. So etwas postet man in der Regel ja auch nicht auf Reddit. Wir wissen nur, dass EA die alleinigen Rechte für Star Wars-Spiele besitzt (mit Ausnahme von Mobile-, Social- und Online-Games, die bei Disney verblieben sind) und dass dieser Deal zehn Jahre lang gilt. Richtig. Eine ganze Dekade. Von einer Austrittsklausel hat niemand gesprochen.

Und das ergibt Sinn. Denkt darüber nach: Würde Disney eine seiner lukrativsten Marken wirklich in den Händen eines Unternehmens belassen, das sie schlechter behandelt als Jabba the Hutt seine Gefangenen? Nein. Leider. Unsere Spekulation: Sie haben keine andere Wahl.

Ergo müssen wir – wahrscheinlich – noch länger damit leben, Star Wars in den Händen von Electronic Arts zu sehen. Zumindest bis Ende 2023, wenn der Vertrag ausläuft. Danach macht es Disney hoffentlich besser.


Titelbild © EA

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Autor/Autorin

Clemens Istel

Schon als Kind hatte Clemens lieber den MegaDrive Controller als das Fläschchen in der Hand. Rund ein Vierteljahrhundert macht er bereits virtuelle Welten unsicher. Ob RPG oder FPS, kaum ein Genre ist vor ihm sicher. Selbst im ESport hat der "Head of Head off" von Screaming Pixel seine Erfahrungen gesammelt. Grundsätzlich gilt für ihn: Je openworlder, desto zock!

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