Grafik-Fanatiker haben den Couch-Coop geklaut

Wir lieben ihn. Wir hassen ihn. Wir vermissen ihn. Der Couch-Coop ist ein Teil Videospielgeschichte, der langsam zu verschwinden scheint. Aber warum?

Weißt du noch? Früher?

Mhm…

Da sind wir zu zweit auf der Couch gesessen. Jeder einen Controller in der Hand. Die Pizza auf dem Tisch. Und zu zweit haben wir auf der N64 Golden Eye gezockt. Das waren noch Zeiten…

Mhm…

Ach… Früher… © Nintendo

Damals war das doch schön. Wenn man zurückdenkt an die Zeiten einer PS1 und N64, als noch gefühlt jedes Spiel einen lokalen Multiplayer hatte. Und jetzt?

Jetzt können wir die Couch-Coop-Titel für die beiden großen Konsolen fast schon an einer Hand abzählen. Selbst jenes Genre das besser dafür geeignet ist als jedes andere – Ego-Shooter – hält sich vornehm zurück. Und wenn wir doch mal in den Genuss kommen, Seite an Seite Monsterhorden ins Jenseits zu schicken, dann doch nur auf abgespeckten Maps. Es stellt sich also die Frage: Was zur Hölle ist passiert?

Storytelling und Online-Multiplayer

Für den Rückgang des Couch-Coops gibt es mehr als einen Grund. Da wären zunächst die nachvollziehbaren Gründe wie der Aufstieg von Online-Multiplayer-Titeln, die den lokalen Multiplayer relativ obsolet gemacht haben. [Verweis auf IV v. Clemens] Oder der Punkt, dass richtig gutes Storytelling für den Coop bedeutend schwerer ist als im Singleplayer.

Womit aber vermutlich niemand rechnen würde, ist, dass die immer bessere Grafik von Videospielen daran Schuld sein könnte, dass wir uns nicht mehr gemeinsam auf einer Map tummeln können. Also an einer Konsole. Aber es ist wahr. Rollen wir den Spaß von einer anderen Richtung auf:

Die PS4 und und XBox One sind irrsinnig gute Konsolen, doch die Grafikkarten und Prozessoren, die sie unter der Haube haben, kommen schon jetzt teilweise nur schwer mit den stetig wachsenden Anforderungen der Videospielentwickler mit. Die Auflösung muss immer schärfer, die Areale immer größer werden. Gleichzeitig soll alles idealerweise noch mit 60 Bildern pro Sekunde (fps) laufen und das Spiel von Licht und Schatten einem die Tränen in die Augen treiben.

Auftritt: Grafik-Fanatiker

Das kostet. Der Wunsch der Spieler nach immer besserer Grafik – oder ist es eigentlich nur jener der Entwickler oder vielleicht sogar der Hersteller der Grafikkarten – hat dazu geführt, dass unsere Heimkonsolen es schon im Singleplayer oft nicht schaffen, mit der Qualität der PC-Masterrace mitzuhalten. Selbst im Alleingang häufen sich kleinere Ruckler und Performance-Probleme, wenn es mal ein wenig hektischer auf dem Bildschirm zugeht. Der Drang nach offenen Welten, die blitzschnell geladen werden sollen, trägt dazu nicht gerade positiv bei.

Was wir nun leider oft vergessen: Spielen wir im Split-Screen, muss die Konsole die Welt zweimal berechnen, statt nur einmal. Ergibt logischerweise auch mehr oder weniger die doppelte Belastung für die Hardware.

Es sollte deshalb auch nicht überraschen, dass zu den wenigen Titeln mit lokalem Multiplayer vor allem Sport-Spiele, Side-Scroller und Titel mit isometrischer Sicht zählen. Die haben das Problem eines Splitscreens nicht.

A 15 macht gemeinsames Zocken noch möglich © EA

Und was ist mit den resltichen Genres? Hier müssen die Entwickler entscheiden, was ihnen wichtiger ist:

  1. Ein sauberes Spiel mit exzellenter Grafik, aber ohne lokalen Multiplayer, den scheinbar niemand vermisst. Es gibt ja ohnehin die Online-Variante.
  2. Ein Spiel mit lokalem Multiplayer, für die wenigen, die ihn sich wünschen. Dafür mit zurückgeschraubter Grafik in dem Modus und einem zusätzlichen Programmieraufwand, da ja die Engine in diesen Fällen auch wieder neu kalibriert werden muss. Zumindest wenn man kein nerviges Stocken oder sogar Grafikeinbußen auf ganzer Linie ertragen will.

Die Antwort liegt für viele Entwickler, die in erster Linie Singleplayer-Titel produzieren, auf der Hand. Es ist die Reaktion des Angebots auf die Nachfrage. Solange Spieler eine gestochen scharfe Grafik bei gewaltigen Welten und 60fps verlangen und der lokale Multiplayer ohnehin von der Online-Variante ersetzt werden kann, werde ich natürlich diesen Weg einschlagen. Da nimmt man auch gerne in Kauf, dass man vielleicht ein paar vereinzelten Couch-Coop-Fans auf die Füße tritt. Lieber das, als keine Spiele zu verkaufen.

Gegen den Strom

Oder aber man entscheidet sich, nicht dem Mainstream zu folgen und die Grafik zu ignorieren. So wie es zum Beispiel Gearbox bei Borderlands gemacht hat. Ihnen war die Erfahrung des gemeinsamen Zockens wichtiger, als eine lupenreine Auflösung. Deshalb läuft Borderlands ja auch in einem eleganten Cell-Shading-Look, bei dem man ein wenig herunterschrauben kann und die Grafik schaut immer noch exzellent aus.

Gemeinsames Geballer auf einsamen Monden © 2K Games

Bonus-Effekte davon: Ein unverwechselbarer Stil und die Tatsache, dass die Freunde des Splitscreens sich freuen und in Scharen zu einem gelaufen kommen. Wenn man wirklich guten Splitscreen will, kommt man um Borderlands aber auch fast nicht herum. Was eigentlich schade ist. Schließlich könnte es doch viel mehr davon geben. So wie früher.

Wünscht ihr euch nicht auch mehr davon? Entwickler die den geliebten Hass des Multiplayers wieder auf die Couch zurückholen. So wie früher. Lasst uns in den Kommentaren wissen, wie ihr zum Couch-Coop steht.


Titelbild © 2K Games

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Autor/Autorin

Clemens Istel

Schon als Kind hatte Clemens lieber den MegaDrive Controller als das Fläschchen in der Hand. Rund ein Vierteljahrhundert macht er bereits virtuelle Welten unsicher. Ob RPG oder FPS, kaum ein Genre ist vor ihm sicher. Selbst im ESport hat der "Head of Head off" von Screaming Pixel seine Erfahrungen gesammelt. Grundsätzlich gilt für ihn: Je openworlder, desto zock!