Hello Neighbor: Das Geheimnis in Nachbars Keller

Am 8. Dezember kam der Stealth-Puzzle-Plattformer Hello Neighbor des russischen Entwicklerstudios Dynamic Pixels endlich als Vollversion für den PC heraus. Durch die frei zugängliche Alpha des Spiels konnte es bereits viele Indie-Fans begeistern.

Die Erzählungen rund um den geheimnisvollen Nachbarn wecken wohl in jedem von uns Erinnerungen an seine Kindheit. Wer in einer ländlichen Gegend aufwuchs kennt sie: Die Geschichten über das eine alte Haus im Dorf. Die Geschichten über dessen gruseligen Bewohner und die Mythen, die sich darum ranken. Mit genau dieser kindlichen Fantasie und Neugier spielt Hello Neighbor.

Da ich mich in diesem Artikel mit der Story des Spiel beschäftige, ist eine SPOILERWARNUNG angebracht. Außerdem ist dies meine persönliche Interpretation der Geschichte. Vor allem das Ende ist nämlich vielseitig deutbar.

Akt Eins: Der Einbruch

Ein kleiner Junge wohnt genau gegenüber diesem einen sagenumwobenen Haus in einer Vorstadt. Getrieben von seiner Neugier schleicht er sich in das Haus, um herauszufinden, welche Leichen der Nachbar im Keller hat.

Was versteckt der Nachbar in seinem Keller?

Was versteckt der Nachbar in seinem Keller?

Dieser Plan geht jedoch schwer nach hinten los. Im Laufe der Geschichte erfahren wir, dass der Nachbar durch einen Unfall seine Familie verlor. Getrieben vom Schmerz über seinen tragischen Verlust versucht er, seine Familie zu ersetzten, indem er Kinder in seinem Keller gefangen hält und sich um sie kümmert. Wir sind eines dieser Kinder.

Ein schönes Detail: Die Perspektive des Protagonisten verändert sich über die Zeit. Als Kind ist man natürlich kleiner und hat einen anderen Blick auf die Welt. Mit dem Alter verändert sich logischerweise die Größe. Dieser Umstand wird wunderbar durch verschiedene Perspektiven auf die Umwelt dargestellt.

Akt Zwei: Die Flucht

Wir versuchen also, aus dem Keller zu fliehen, und schaffen das schlussendlich auch. Hier würde ich gerne weiter über die wundervoll traurige Geschichte des Spiels erzählen. Leider kann ich das nicht. Genervt von der hakeligen Steuerung, die besonders die Kletterpassagen unnötig frustrierend macht, werde ich von der Story abgelenkt.

Nur mühsam können wir aus dem Haus fliehen.

Nur mühsam können wir aus dem Haus fliehen.

Normalerweise kann ich, gerade bei Indiegames, über kleine und in besonderen Fällen auch größere technische Mankos hinwegsehen. Aber bei einem Stealth-Puzzle-Plattformer gestapelte Kisten mehrere Male vergeblich versuchen hochzuklettern, macht dann irgendwann keinen Spaß mehr.

Nachdem ich mich also über die Steuerung geärgert habe und unser Protagonist erfolgreich geflohen ist, gibt es einen zeitlichen Cut.

Akt Drei: Die Rückkehr

Wir haben unsere Kindheitserlebnisse halbwegs verarbeitet und kehren in unser Elternhaus zurück. Das Haus des Nachbarn ist nur noch ein Schutthaufen.Die herumliegenden Holzscheite lassen vermuten, dass das Haus einem Brand zum Opfer fiel.

Nostalgisch schlendern wir durch unser altes Heim. Es ist heruntergekommen. Kinderfotos stehen herum. Wir setzen uns auf die Couch. Als wir aus dem Fenster sehen, können wir das Haus des Nachbarn wieder in seinem ursprünglichen Zustand sehen. Neugierig wie eh und je machen wir uns auf den Weg über die Straße.

Wir werden auf Schritt und Tritt beobachtet.

Wir werden auf Schritt und Tritt beobachtet.

Wir schaffen es in den geheimnisvollen Keller des Nachbarn. Nachdem man den ganzen Alptraum nochmal durchlebt merkt man, dass es tatsächlich ein Alptraum war. Immer noch sitzen wir auf unserer Couch in unserem alten zu Hause.

Kurz und leider nicht so knackig

Ich war enttäuscht von der Länge. Mit ungefähr vier Stunden beim ersten Durchspielen war es schon sehr kurz. Und ich bin echt niemand, der schnell durch solche Spiele rennt.

Zudem verdirbt einem die Steuerung zeitweise wirklich den Spaß, vor allem bei den Kletterpassagen. Bei einer Aufgabe müssen wir zum Beispiel Gegenstände genau platzieren. Wenn man nach dem dritten Mal diese blöde Gitarre immer noch nicht aufs Regal gelegt bekommt, dann will man schon mal kurz schreien und die arme Maustaste ein bisschen zu fest drücken.

Ausbaufähige Grundzüge

Trotzdem ist Hello Neighbor für das erste größere Projekt von Dynamic Pixels durchaus gelungen. Kein Meisterwerk, aber ein schöner Zeitvertreib für zwischendurch. Was mich trotz all dem Frust auf weitere Spiele des kleinen Teams neugierig macht, ist die gut umgesetzte KI des Nachbarn.

Dynamic Pixels versuchte, das Spiel selbstständig lernen zu lassen. Und es funktioniert. Bei unseren Streifzügen durch das benachbarte Anwesen werden wir vom Nachbar verfolgt. Es ist zwar zunächst nicht schwer zu entkommen, jedoch lernt das Spiel.

Unser Nachbar ist nicht so normal, wie er scheint.

Unser Nachbar ist nicht so normal, wie er scheint.

Flüchtet man zum Beispiel immer wieder über dieselben Wege, wird der Nachbar uns Fallen stellen. Sei es nun eine Bärenfalle, durch die wir verletzt werden, oder ein Eimer über der Tür, der beim Öffnen auf den Boden fällt und Lärm macht.

Durch den Lärm wird der Nachbar auf uns aufmerksam und weiß, wo im Haus wir uns gerade befinden. Diese Mechanik fordert den Spieler unbewusst dazu auf, lieber wirklich leise zu sein. Denn mit der Zeit gehen einem die unauffälligen Fluchtmöglichkeiten aus, wenn man zu oft gefangen wird.

Liebevolles Story- und Artdesign

Man kann über die Steuerung mit viel Augen zudrücken hinwegsehen. Vor allem, da es gerade bei Indiegames ja prinzipiell auf das Spielerlebnis, die Geschichte und das Artwork ankommt. Hello Neighbor besticht zumindest in zwei der drei Kriterien.

Die liebevolle Gestaltung des Hauses und die tragische Geschichte bringen einen trotz Steuerungsproblemen dazu, weiterzuspielen. Ein weiterer Faktor, der mir persönlich sehr gefiel, war die Soundgestaltung. Die war nämlich so minimalistisch, dass sie das unwohle Gefühl, das man in einem fremden Haus bekommt, wunderbar untermauert.

Der kindliche Cartoonlook unterstreicht die Geschichte perfekt. Das skurrile Haus des Nachbarn wurde mit so viel Liebe gestaltet, dass man gar nicht weiß, wo man zuerst hinschauen soll. Und schlussendlich entscheidet man sich doch wegen der Story und der Liebe zum Detail für Indie-Games. Wer ausgefeilte Technik will, kann ja zu AAA-Titeln greifen.

Ein seltsames Haus voller Geheimnisse.

Ein seltsames Haus voller Geheimnisse.

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Bebilderung: ©Dynamic Pixels

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