Alle Jahre Fifa: Sinnlos oder doch nicht?

Wie jedes Jahr bringt uns EA auch diesen Herbst einen Ableger des beliebtesten Fußballspiels aller Zeiten. Was eine alljährliche Frage mit sich bringt: Warum werden diese Spiele immer noch gekauft?

Für einen FIFA-Noob wie mich ist es unerklärbar, warum man sich jährlich ein Spiel zum Vollpreis kauft, dessen Vorgänger augenscheinlich ident ist. Immerhin geht es doch immer ums Gleiche. Man spielt mit einer entweder vorgefertigten oder selbst zusammengestellten Mannschaft gegeneinander Fußball.

Fußball verstehe ich. Ich schau es gerne und spiele sehr schlecht aber dafür mit viel Liebe ein bis zweimal im Jahr selbst eine Runde. Aber FIFA verstehe ich nicht. Deswegen habe ich mich schlau gemacht und versucht zu begreifen, was hinter der Faszination FIFA steckt und warum man den scheinbar gleichen Content immer wieder aufs Neue kauft.

Neuerungen in FIFA 18

Ich war bis jetzt immer der Überzeugung, dass sich bis auf minimale Grafikverbesserungen und Mannschaftsaufstellungen nicht viel verändert. FIFA 18 bringt aber eine neue Art der Steuerung mit sich. Motion-Technology-System nennt sich diese und soll dazu beitragen, dass Animationen wesentlich flüssiger wirken und Spieler schneller auf Positionsänderungen des Balls reagieren können.

Schöne Grafik, kleine Neuerungen. Was noch?

Schöne Grafik, kleine Neuerungen. Was noch?

Eine weitere Neuerung sind die sogenannten Archetypen. Die Mechanik, dass sich die Bewegung der Spieler durch ihren Körperbau unterscheidet, gibt es zwar schon länger, nun wird sie aber deutlich verbessert. Zudem soll der Wechsel zwischen Sprint und normalem Lauf schneller und plötzlicher ausfallen, um Gegner besser überraschen zu können.

Durch Quick-Subs kann man nun Spieler auswechseln, ohne das Match unterbrechen zu müssen. Kleinere Verbesserungen wie Hard Tackles, die Rückkehr des Slow Dribblings und neue Torjubel runden das neue, bessere FIFA 18 ab.

Für FIFA-Spieler der ersten Stunde sind das großartige Neuerungen. Mir hingegen wäre das nicht genug Anreiz das Spiel zu kaufen. Es scheint auf der Hand zu liegen, dass sich das Spiel nicht großartig verändert, immerhin tut es der Sport ja auch nicht. Ich bin noch nicht von der Sinnhaftigkeit solcher Spiele überzeugt.

Der Zwang mitzuziehen

In Gesprächen mit Leuten, die definitiv mehr Ahnung von FIFA haben als ich, habe ich ein Argument immer wieder gehört: „Ich muss ja das Neue Spiel kaufen, weil das Alte niemand mehr spielt“. Womit ich nun endlich einen Grund habe, den ich nachvollziehen kann.

Gerade bei online-basierten Spielen kommt es auf die Community an. Und wenn die nicht mehr das FIFA von vor zwei Jahren spielt, dann will man das selbst auch nicht. Verständlich. Ältere Server werden nicht mehr unterstützt und so sieht man sich gezwungen nachzuziehen.

Der Storymode wird außerdem fortgesetzt.

Der Storymode wird außerdem fortgesetzt.

Auf der einen Seite ist das eine Kostenfrage. Server sind nicht billig zu erhalten. Und wenn sowieso der Großteil der Gamer auf das neue Spiel umsteigt, rentiert sich das Erhalten der alten Server sowieso nicht mehr. Andererseits können Publisher genau dieses System verwenden, um Spieler dazu zu bringen, das neue Spiel zu kaufen.

Neben dem Serversupport wurde mir noch ein Grund genannt, den ich als Fußballfan nachvollziehen kann:

Fußballfans wollen Akkuratesse

Jedes Jahr wechseln Spieler die Vereine. Und das macht sich natürlich auch in den Kadern der FIFA-Spiele bemerkbar. Wenn man gerne Fußball guckt und nicht nur spielt, ist das mit Sicherheit ein Faktor, der für den nächsten Teil spricht.

In FIFA gibt es wie im echten Leben Spieler, die besser miteinander auskommen als andere. Das ist natürlich fürs Teambuilding wichtig. Ausschlaggebende Faktoren für die Chemie zwischen Spielern sind Nationalität, Liga und Verein. Damit ergeben sich bei jedem Vereinswechsel von Spielern neue Kombinationsmöglichkeiten für ein harmonisches Team.

Hier kam mir allerdings der Gedanke, dass man doch einfach jährlich einen Patch raushauen könnte, der die neuen Teamaufstellungen beinhaltet. Womit auch der Kaufanreiz für das neue Spiel verloren wäre.

Die Richtigen Spieler bei den richtigen Mannschaften.

Die Richtigen Spieler bei den richtigen Mannschaften.

Anders als bei Spielen, die mit einer gewaltigen Story und komplexen Charakteren daherkommen, geht es vielen bei FIFA einfach nur darum, ein paar Stunden vor der Konsole zu sitzen und online oder mit Freunden eine Runde zu zocken.

Gelegenheitsspieler

Ich habe bei den meisten Sportspielen – in denen ich mindestens genauso miserabel bin wie in FIFA – festgestellt, dass es viele Gelegenheitsspieler gibt. Spieler, die eben nur dieses eine Spiel spielen. Da ist dann das Argument, einmal im Jahr ein Spiel zu kaufen, durchaus angebracht.

Wenn Spiele wie FIFA das einzige oder eines der wenigen Games ist, die man zockt, halten sich die Ausgaben in Grenzen und mein Hauptargument, der Preis, ist nebensächlich.

Natürlich beschränkt sich dieses „Jedes Jahr dasselbe Spiel“ nicht nur auf FIFA. Die meisten Sportspiele fallen unter dieselbe Kategorie: Minimale Veränderungen – maximaler Umsatz. Aber es funktioniert. Nicht umsonst wird diese Tradition schon so lange erhalten.

Ich kann jetzt jedenfalls ein bisschen nachvollziehen, warum man sich das immer wieder antut. So ganz überzeugt von der Materie bin ich aber immer noch nicht. Ich werde mir jedenfalls das neue FIFA ansehen. Bei meinem Mitbewohner. Selbst kaufen werde ich es mir trotzdem nicht.


Bebilderung: ©Electronic Arts

Autor/Autorin

Clemens Istel

Schon als Kind hatte Clemens lieber den MegaDrive Controller als das Fläschchen in der Hand. Rund ein Vierteljahrhundert macht er bereits virtuelle Welten unsicher. Ob RPG oder FPS, kaum ein Genre ist vor ihm sicher. Selbst im ESport hat der "Head of Head off" von Screaming Pixel seine Erfahrungen gesammelt. Grundsätzlich gilt für ihn: Je openworlder, desto zock!